
17 Juni Simultane beidseitige Hüft-TEP: Der Fortschritt macht’s möglich
Simultane beidseitige Hüft-TEP: Der Fortschritt macht’s möglich
Der medizinisch-technische Fortschritt – insbesondere minimalinvasive OP-Techniken, innovative Implantate wie der A2® Kurzschaft und optimierte Abläufe – ermöglicht es heute, beide Hüftendoprothesen in einer Sitzung zu implantieren. Herr Dr. Mumme Schüller, Cloppenburg, hat mit seinem Team schon einige dieser Eingriffe durchgeführt und berichtet im Interview von seinen Erfahrungen.
ARTIQO: Für welche Patienten kommt ein solcher simultaner beidseitiger Eingriff infrage?
Dr. Schüller: Man könnte annehmen, dass dieses Vorgehen nur bei Patienten ohne Vorerkrankungen möglich ist. Ich meine aber: Es ist für alle – auch ältere – Patienten geeignet, bei denen eine beidseitige Arthrose Grad 4 besteht. Bei bestehenden Vorerkrankungen kann die beidseitige HTEP wegen der einmaligen Narkosebelastung sogar die bessere Lösung sein. Das Gros der Patienten, die wir so versorgen, ist allerdings jüngeren Alters.
ARTIQO: Wie wird die Entscheidung für das beidseitige Vorgehen getroffen?
Dr. Schüller: Wird die Indikation im Röntgenbild bestätigt und ist das Risiko für den individuellen Patienten gut abschätzbar, bieten wir die Option, beide Hüften in einer Sitzung zu versorgen, an. Die Entscheidung treffen wir gemeinsam mit dem Patienten, indem wir Vor- und Nachteile sowie Risiken detailliert besprechen. Es gibt mittlerweile Patienten, die bewusst wegen dieser Möglichkeit zu uns kommen, obwohl wir das nicht beworben haben. Es spricht sich eben herum. Die Gründe sind aus Patientensicht zum Beispiel Angst vor den Narkosefolgen oder der Wunsch, schneller ins Berufsleben zurückkehren zu können. Wirtschaftlich ist das für den Klinikbetreiber nicht so lukrativ wie zwei einzelne Operationen. Für unseren Patientenzulauf ist es gut.
ARTIQO: Was gilt es intraoperativ zu beachten?
Dr. Schüller: Wir geben standardmäßig Tranexamsäure intravenös, um den Blutverlust zu minimieren. Wichtig ist zudem die Lagerung. Wir fangen rechts an, entlagern den Patienten, drehen den Tisch um und lagern neu. Unser Setting ist also im Sinne der Infektionsprophylaxe wie bei zwei Operationen. Schließlich operieren wir die Patienten standardmäßig minimal-invasiv über den DAA-Zugang.
ARTIQO: Wie sieht es mit der Implantatwahl aus?
Dr. Schüller: Von den 30 Fällen, die wir bislang beidseitig in einer Sitzung operiert haben, haben wir ca. 70% mit dem A2® Kurzschaft versorgt. Das liegt zum einen am Instrumentarium. Der Einschläger ist schön filigran. Das Implantat selbst folgt der natürlichen Krümmung des Kalkars. Das macht es bei den kleinen Schnitten mit dem vorderen Zugang leichter. Ohne Hektik brauchen wir je Seite in der Regel 40 Minuten vom Schnitt zur Naht, d.h. wir haben keine verlängerte OP-Zeit.
ARTIQO: Was verändert sich postoperativ, z. B. bei der Mobilisation der Patienten?
Dr. Schüller: Grundsätzlich dürfen die Patienten beidseitig voll belasten, unter Zuhilfenahme der Unterarmgehstützen. Anfänglich hatten die Patienten damit weniger ein Thema als die Physiotherapie. Hier war Überzeugungsarbeit nötig, aber inzwischen haben sie sich auf die beidseitig versorgten Patienten eingestellt. Auch im ambulanten Rehazentrum in der Nähe läuft die Zusammenarbeit in Bezug auf diese Patienten gut. Schwieriger wird es bei den stationären Rehakliniken im Umland. Hier braucht es noch mehr Abstimmung untereinander.
ARTIQO: Welches Fazit ziehen Sie für die simultane beidseitige Versorgung?
Dr. Schüller: Durch das minimal invasive Vorgehen profitieren diese Patienten von geringerem Blutverlust, weniger Komplikationen, kürzeren Liegezeiten und einer schnelleren Rehabilitation. Die Gesamtbehandlungsdauer in der Klinik und in der Rehabilitation ist kürzer als bei zwei getrennten Eingriffen. Wir haben in der Regel Liegezeiten von 5 Tagen, je nach Allgemeinzustand sind es mal 2 oder 3 Tage länger. Wir kommen aber nicht auf die doppelte Liegezeit.
Die Patienten, die aus der Rehabilitation kommen, sind sehr zufrieden. Als Pluspunkt Nummer Eins hören wir immer wieder: „Mit einer Operation bin ich mit allem durch.“
Die größte Aufgabe an diesem Vorgehen ist die interdisziplinäre Abstimmung mit den Kollegen der Anästhesie, Physiotherapie und der Rehabilitation. Hier gilt es, Überzeugungsarbeit zu leisten und Absprachen zu treffen.