25.–27.2. 2021 | EKB Endokongress | ARTIQO Kurzschaft Symposium

EKB Kongress 2021

25.–27.2. 2021 | EKB Endokongress | ARTIQO Kurzschaft Symposium


25.–27.2. 2021 | EKB Endokongress | ARTIQO Kurzschaft Symposium

Der Kurzschaft als neuer Standard

Die A2® Kurzschaftprothese schneidet nicht nur im Deutschen Endoprothesenregister sehr gut ab, sondern verfügt auch über ein durchdachtes Sortimentsangebot für ein breites Anwendungsspektrum. Beim ARTIQO-Symposium „Kurzschäfte – der neue Standard – zementfrei bis zementiert“ auf dem Endoprothetikkongress Berlin am 26. Februar 2021 diskutierten die Experten unter dem Vorsitz von Dr. Frank Horst, Sendenhorst, ob der Kurzschaft das Zeug zum Standardschaft hat. Für den A2® Schaft scheint die Antwort festzustehen.

Kurzschäfte werden in der Hüftendoprothetik immer beliebter. Mittlerweile stammen dem Deutschen Endoprothesenregister zufolge mehr als 10% der Schäfte aus dieser Gattung. Vor allem den kalkargeführten Kurzschäften würden im Vergleich zu herkömmlichen Schäften konzeptionelle Vorteile zugeschrieben, berichtete Mario Frank, Mitglied der Geschäftsleitung und Entwickler der Firma ARTIQO in seinem Vortrag (M. Frank / Entwicklung eines modernen Kurzschaft-Systems). Neben der guten Einsatzbarkeit für minimalinvasive Zugänge gebe es Vorteile bei der Rekonstruktion des femoralen Offsets und der Femurantetorsion. Zudem könnten diese an den individuellen CCD Winkel angepasst werden und sorgten für eine physiologischere Krafteinleitung.

Die Verankerung bei den kalkargeführten Kurzschäften liegt idealerweise in einer möglichst langstreckigen Auflage am Kalkar, einer lateralen Abstützung am Schenkelhals und einer ebenfalls lateral-kortikalen Abstützung des Prothesenschaftes im unteren Drittel. Dazu kommen eine proximale konische Verklemmung und kortikale Abstützung in der axialen Ansicht. Gegenüber distal verankernden Schäften hätten kalkargeführte Kurzschäfte eine günstigere biomechanische Druckverteilung, erläuterte Frank.

Ein Schaftsortiment für (fast) alle Fälle

Damit hat der kalkargeführte Kurzschaft das Potenzial, zum Standardschaft zu werden. Mit Blick auf ein breites Anwendungsspektrum sei dies allerdings nicht mit nur einer Schaftform zu adressieren, betonte Frank. Für die Entwicklung des A2® Schafts hat das ARTIQO-Team deshalb proximale Femora analysiert und für das typische Anwenderspektrum von 120 Grad bis 135 Grad CCD Winkel eine Variabilität des Kalkarradius von 34mm bis 134mm gemessen. „Speziell der Kalkarradius ist als Leitstruktur für die Positionierung der Kurzschäfte und die knöcherne Auflage enorm wichtig“, betonte Frank.

Die Schlussfolgerung des ARTIQO-Entwicklerteams war es, die Sortimentsvariabilität nicht nur auf den Konuswinkel zu beschränken und zwei anatomische Halswinkel mit einer Winkeldifferenz von 6 Grad anzubieten, sondern auch den Kalkarradius miteinzubeziehen. Das „two body“ Designkonzept des A2® Schaftes verfügt daher über den Schafttyp B für eher varische und normale Femora und über den Schafttyp G für eher valgische Femora. Schließlich wurde auch die Auflage der Prothesenspitze für die beiden Schaftvarianten optimiert.


Ein weiteres Entwicklungsziel war ein optimiertes Größenwachstum. Die Wachstumsfaktoren wurden so angepasst, dass der kortikale Schenkelhalsring an der Resektionsfläche möglichst erhalten bleiben kann. Damit verfügt das A2® Schaftsystem über 19 fein abgestimmte Schaftgrößen, unterteilt in Typ B und G, die durch einen Farbcode nachvollziehbar unterschieden werden können.

Der erste zementierte Kurzschaft

In den gut fünf Jahren seit Markteinführung wurde der A2® Schaft ca. 14.000 Mal in Deutschland implantiert. Die neue zementierte Kurzschaftvariante, die seit Januar 2021 verfügbar ist, rundet das System ab. Gerade für schwierige Femurmorphologien mit weitem Markkanal und dünner Kortikalis (Dorr Klassifikation Typ C) könne das neueste A2® Familienmitglied eine gute Lösung sein, konstatierte Frank.


Prof. Dr. Johannes Zeichen, Minden, verwies in seinem Vortrag (Prof. Dr. med. J. Zeichen / Warum ein zementierter Kurzschaft?) zudem auf Komplikationen wie ein Abriss des Trochanter Major oder intraoperative Frakturen, die nach wie vor beim Einbringen von zementfreien Schäften und oft bei älteren Patienten auftreten. Eingeschränkte Knochenqualität und ausgeprägte Osteoporose gelten nach wie vor als Indikation für ein zementiertes Implantat. Um auch diese Patienten künftig anatomisch gut versorgen zu können, wurde der zementierte A2® Kurzschaft entwickelt. Mediale Schenkelhalsfrakturen in Kombination mit Osteoporose sowie Coxarthrose in Kombination mit ausgeprägter Osteoporose könnten nun mit einem anatomischen Kurzschaft versorgt werden, führte Zeichen aus.

Kurzschaft ist nicht gleich Kurzschaft

Die Gretchenfrage beim Kurzschaft lautet: Wie hält er es mit der proximalen Verankerung und der Primärstabilität? Die beiden Konzepte seien beim Kurzschaft vermeintlich in Konflikt, erläuterte Priv-Doz. Dr. Stefan Budde, Hannover, in seinem Vortrag (PD Dr. med. St. Budde / Datenlage Kurzschaft – wo steht der A2® Schaft? FEM-Analyse, EPRD-Daten, RSA-Studie). Allerdings sei Kurzschaft eben nicht gleich Kurzschaft, und vor allem sei nicht nur die Länge entscheidend. Es gebe gekürzte Geradschäfte, die sich wie Geradschäfte verhalten (distale Krafteinleitung) versus „echte“ Kurzschäfte, die auch biomechanisch einen Unterschied machten.

Und so macht der A2® Schaft biomechanisch einen Unterschied. Budde zeigte anhand einer Finite-Elemente-Analyse (FEM), dass es zu einer sehr geringen Dichtereduktion des prothesenumgebenden Knochens kommt und dass kein Lasttransfer nach distal stattfindet. Zudem schützt die Abstützreaktion am lateralen kortikalen Ring vor einer Valgussinterung. Bei der FEM wird die Implantatkomponente mathematisch in kleinste Teilgebiete („finite Elemente“) (wikipedia.org/wiki/diskretisierung), damit ihre physikalische Reaktion auf Kräfte und Lasten berechnet werden kann. Das physikalische Verhalten der gesamten Implantatkomponente ergibt sich aus den Lasten und Reaktionen am Übergang zwischen den kleinsten Elementen. „Das besondere Beschichtungsdesign des A2® Schaftes ist Folge einer Simulation, in der verschiedene Beschichtungsoptionen berechnet wurden. Die Beschichtung, die sich durchgesetzt hat, war die Vorteilhafteste in der biomechanischen FEM“, erläuterte Budde. Auf die Frage, ob er eine FEM für alle neu einzuführenden Implantate für sinnvoll halte, antwortete Budde: „Ja, das ist empfehlenswert, wenn es auch komplex ist und Expertenwissen benötigt. Es bietet sich vor der Markteinführung ein, ohne dass Patienten involviert sind. So könnten Designveränderungen vorab getestet werden.“

A2® Schaft zeigt sehr gute Primärstabilität

Der zweite Aspekt der Primärstabilität kann mit einer Radiostereometrieanalyse (RSA) untersucht werden. Mit dieser Methode kann die postoperative Migration von Schäften im Knochen über den Zeitverlauf überprüft werden. Im Wesentlichen gebe es zwei Migrationschemata, so Budde. „Der eine Migrationstyp bewegt sich anfänglich nach der Implantation und dann nicht mehr. Dieser gutartige Migrationstyp wächst fest ein und verspricht eine lange Standzeit. Der andere Typ bewegt sich anfangs stark und dann fortwährend weiter – ein Alarmzeichen für eine frühzeitig drohende Lockerung.“

Die RSA bietet eine hohe Aussagekraft über das Migrations- und Langzeitverhalten von Implantaten schon bei kleinen Patientengruppen und kurzen Follow-Ups von zwei Jahren. Experten forderten, dass RSA-Studien obligatorisch für die Markteinführung neuer Implantate durchgeführt werden sollten, betonte Budde. Bei der Methode werden kleinste Markerkügelchen aus biologisch ungiftigem und chemisch inertem Tantalum (Ø 1mm) in den prothesenumgebenden Knochen eingesetzt. Unmittelbar nach der Implantation und zu definierten postoperativen Zeitpunkten werden zwei simultane Röntgenaufnahmen angefertigt. Der Patient liegt dabei auf einer Kalibrierbox. Mit einer speziellen Auswertungssoftware kann man die Bewegung des Implantats auf 0.06mm genau berechnen. Für den A2® Schaft ist die RSA noch in Arbeit. Die vorläufigen Ergebnisse zeigten jedoch eine sehr gute Stabilisierung des Implantates und ein sehr vorteilhaftes Migrationsverhalten, erklärte Budde.

A2® Schaft ist im Endoprothesenregister führend


Wie sieht abseits der Wissenschaft die Versorgungsrealität aus? Budde empfahl dafür die Lektüre des EPRD Jahresbericht 2020 (Sehr gute EPRD Ergebnisse für Versorgungen mit dem A2® Kurzschaft). Insgesamt gebe das Register den Hinweis auf eine deutlich geringere Ausfallwahrscheinlichkeit von Kurzschäften im Vergleich zu Standardschäften bei Patienten unter 70 Jahren. Der A2® Schaft weist nach einem, zwei und drei Jahren die geringste Ausfallwahrscheinlichkeit aller untersuchten zementfreien Schäfte auf. „Bei den Ergebnissen muss man sich schon gute Argumente einfallen lassen, wenn man den A2 Schaft nicht implantieren möchte“, schloss Budde.

A2® Schaft als Standard im klinischen Einsatz

Dr. Frank Horst, Sendenhorst ist vom Potenzial des Kurzschaftes als Standardschaft bereits überzeugt. In seinem Vortrag (Dr. med. F. Horst / Der Kurzschaft als Standardschaft Klinische Erfahrungen / Daten und Anwendungsspektrum) teilte der Mitentwickler des A2® Schaftsystems seine umfangreiche Kurzschafterfahrung der vergangenen 15 Jahre. Der A2® Schaft kommt in Sendenhorst mittlerweile auch bei varisierenden Umstellungsosteotomien, bei über 80-Jährigen, als posttraumatische Versorgung und als Wechselimplantat bei aseptischen Kurzschaftlockerungen zum Einsatz. Von den insgesamt 14.000 A2® Schäften wurden 3.813 in Sendenhorst implantiert.

Bei der präoperativen Planung werde festgelegt, ob der A2® Schaft Typ B oder G benutzt werde, so Horst. „Dabei muss man darauf achten, ob auf dem Röntgenbild eine Femurrotation vorliegt. Ggf. muss über die Gegenseite geplant werden.“ Die Prothese werde entlang des Adamschen Bogens geplant. „Man muss sich bewusst machen, dass man lediglich zweidimensional planen kann, während man intraoperativ eine vierdimensionale Situation unter Einbeziehung der Gewebekonsistenz vorliegen hat“, betonte Horst.

Dementsprechend könne die Größe der Implantate im Wesentlichen erst intraoperativ festgelegt werden. „Wir streben danach, die kleinstmögliche Pfanne einzubringen – da 80% der Lockerungen an der Pfanne stattfinden – und den größtmöglichen Schaft“, erklärt Horst sein Vorgehen. Um den Kalkar zu schützen, werde die Raspel entlang des Adamschen Bogens eingebracht. Es sei günstig, nach der Platzierung der Ahle mit 1G zu beginnen, um sich möglichst eng am Adamschen Bogen orientieren zu können. Ein wesentlicher Punkt sei die kombinierte Anteversion aus der Schaft-Antetorsion und der Anteversion der Pfanne, die ca. 35-40 Grad betrage: „Deshalb empfiehlt es sich die Kurzschaftpräparation vor der Pfannenimplantation durchzuführen“, riet Horst.

Sehr gute Ergebnisse bestätigen das Vorgehen

Mit diesem Vorgehen erzielen Horst und sein Team sehr zufriedenstellende Ergebnisse, bescheinigt durch das EPRD. Das St. Josef-Stift Sendenhorst schneidet in Bezug auf die zu erwartenden Wechsel (82,18) bei 2.673 registrierten Erstimplantationen deutlich besser als der Durchschnitt ab. In der EPRD Klinikauswertung 2020-2 zeigt sich für das Haus eine Wechselwahrscheinlichkeit bei Operationen zwischen Oktober 2017 und März 2020 bei elektiven Hüft-TEP mit zementfreiem Schaft von 1,1 nach zwei Jahren während in anderen Häusern nach zwei Jahren eine Wechselwahrscheinlichkeit von 3.1 besteht.

Aktuell laufe eine Beobachtungsstudie zum A2® Schaft, berichtete Horst. Für die klinische und radiologische Kontrolle nach 3 und 12 Monaten, 3, 5 und 10 Jahren seien insgesamt 172 Patienten in 6 Zentren geplant. Die kurzfristigen Ergebnisse für 159 Patienten nach 3 Monaten und 114 Patienten nach einem Jahr zeigten jeweils eine Überlebensrate des Schaftes von 100%. Sowohl der Harris Hip Score (HHS) als auch der Hip Ostheoarthritis Outcome Score (HOOS-PS) hätten sich nach drei Monaten und noch einmal nach einem Jahr deutlich verbessert (HHS bei 96,7 und HOOS-PS bei 95,8 nach 12 Monaten).