EKB 2024: Ein System für alle Fälle

Dr. Stefan Budde, Bielefeld, und Dr. Ahmed Yaseen, Innsbruck

EKB 2024: Ein System für alle Fälle

Dr. Stefan Budde, Bielefeld, und Dr. Ahmed Yaseen, Innsbruck

Prof. Dr. Stefan Budde, Bielefeld, und Dr. Ahmed Yaseen, Innsbruck

EKB 2024: Ein System für alle Fälle

Die Referenten Professor Dr. Stefan Budde, Bielefeld, und Dr. Ahmed Yaseen, Innsbruck, diskutierten mit den Teilnehmern des ARTIQO-Workshops im Rahmen des Endoprothetikkongresses Berlin 2024, wie der A2® Kurzschaftsystem ein System für alle Fälle werden kann.

Die Vorteile der Kurzschaftversorgung

Warum eigentlich Kurzschäfte, wenn doch Standardschäfte zuverlässig ihren Dienst tun? Ursprünglich war das Kurzschaft-Konzept erdacht worden, um eine distale Krafteinleitung zu verhindern, erinnerte Professor Budde an die Anfänge. Verschiedene Implantatphilosophien seien seitdem auf den Markt gekommen und wieder verschwunden. Heute sprächen viele Vorteile für die Verwendung moderner kalkargeführter Kurzschaftsysteme: Sie seien zum einen knochensparend durch verringertes Stress Shielding, die Schonung des Trochanters und eine höher angesetzte Knochenresektion. Sie ermöglichten zudem eine physiologischere Gelenkfunktion durch eine bessere Rekonstruktion des anterioren Offsets, eine physiologischere Muskelfunktion, ein geringeres Luxationsrisiko und eine minimalinvasivere Implantationstechnik. Und schließlich seien diese Systeme sicher, wie die Revisionsraten im Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) zeigten. Von den insgesamt 67 nachuntersuchten Hüftschaftsystemen im EPRD lägen Kurzschäfte bereits seit einigen Jahren unter den Top 3. Dank der Registerdaten konnte festgestellt werden, dass die Infektionsrate von Kurzschäften im Vergleich zu Standardschäften signifikant geringer sei[1]. Und mit einer RSA-Migrationsanalyse des A2® Kurzschafts konnte gezeigt werden, dass die Implantate nach einer erwarteten Initialmigration zügig und vollständig stabilisierten und eine gute Osseointegration vorwiesen. Das erlaube den Rückschluss auf eine gute Langzeitprognose des Implantats.

Das Ziel: Vollständige Indikationsabdeckung

Bei all diesen Vorteilen stelle sich die Frage, so Professor Budde, warum man nicht nur noch Kurzschäfte verwenden sollte. Letztlich sei es eine Frage der Indikatonsabdeckung: So adressiere das A2® Kurzschaftsystem mit dem „two body“ Designkonzept bereits varische, normale und valgische Femora und verschiedene Femurmorphologien.

Dr. Yaseen ergänzte, dass sich das EPRD bei Patienten ab 75 Jahren für eine zementierte Versorgung ausspreche. Auch gebe es keine Empfehlung für einen zementfreien Kurzschaft bei Dorr Typ C Morphologien. Um diese Lücke in der Kurzschaftversorgung zu schließen, gibt es seit drei Jahren die zementierte A2® Kurzschaftvariante als Lösung für ältere Patienten und als Sortimentsergänzung für Dorr Typ C Morphologien und bei osteoporotischer Knochenstruktur.

In Vertretung des kurzfristig verhinderten Dr. Bertram Regenbrecht berichtete Dr. Yaseen von den ersten Erfahrungen mit dem zementierten Kurzschaft in Lilienthal. Dort seien rund 130 Implantate mit Hilfe des „Direct Anterior Approach“ unter Verwendung einer Markraumsperre und Jetlavage eingebracht worden. Die Zementierung sei eine Größe kleiner als geraspelt gewählt worden. Rund 100 Fälle seien elektiv versorgt worden bei Patienten mit Dorr Typ B und C Femora, bei Patienten mit relevanter Osteoporose und im hohen Lebensalter. Zudem sei das System in 30 Fällen bei medialen Schenkelhalsfrakturen bei erhaltenem Calcar zum Einsatz gekommen.

Lilienthal nimmt mit drei anderen Zentren an einer multizentrischen Anwenderbeobachtungsstudie zum zementierten A2® Kurzschaft teil. Die Patientenrekrutierung ist mit 90 Frauen und 31 Männern abgeschlossen. Das durchschnittliche Alter der Patienten liegt bei 77,8 ± 4,7 Jahren.

Für das Schaftdesign ergaben sich durchweg unauffällige und gute Resultate. So zeigten die klinischen Scores (HHS und FJS) sehr ermutigende Ergebnisse. Der durchschnittliche FJS beim 1-Jahres-Follow-up war vergleichbar mit den Ergebnissen von Nicht-Implantat-Trägern. Herausforderungen brachte erwartungsgemäß das Patientenklientel mit sich: Durch das hohe Alter der Patienten ist eine erhöhte Drop-out-Rate beim Follow-up zu beobachten. Komplikationen und Auffälligkeiten ergeben sich ebenfalls durch das Alter und die Begleiterkrankungen der Studienkohorte. Zudem ist eine Revision dokumentiert, die nach einer ungenügenden Zementierung und einer daraus resultierenden frühpostoperativen Sinterung des Kurzschaftes vorgenommen wurde. Die aktuelle Überlebensrate des zementierten A2® Kurzschafts beträgt 99,17% nach einem Jahr.

Klinische Studien notwendig

Das Plenum war sich in der Diskussion einig, dass es nun um eine behutsame Indikationsstellung bei der Anwendung der zementierten Schaftvariante und um eine konsequente klinische Studienbegleitung gehen müsse. So könne Schritt für Schritt das Indikationsspektrum wie bei einem klassischen Standardsystem breiter gefasst werden.

[1] Steinbrück, A., Grimberg, A.W., Elliott, J. et al.  Orthopäde 50, 296–305 (2021). https://doi.org/10.1007/s00132-021-04083-y